Gnadenkapelle in der Klosterkirche Beuron

Beuroner Schule

Die Beuroner Schule – ein Pinselstrich in Richtung Moderne

Sie hatten etwas ganz Bestimmtes vor, jene Mönche, die in der Zeit nach der Gründung der Erzabtei Beuron hier eine Kunstwerkstatt aufbauten: Sie wollten nichts weniger als die damalige katholische Kirchenkunst vom Kitsch befreien. Doch ihnen gelang mehr. Sie schufen eine moderne europäische Kunstrichtung.

Der Schule einer neuen „Heiligen Kunst“

Desiderius Lenz war Architekt, Bildhauer und Maler mit einem regen Interesse an religiöser Kunst. Als Mann frommer Denkungsart konnte er jedoch mit den meisten neueren Werken zeitgenössischer Kirchen- und Klosterausstattungen nichts anfangen. Sie erschienen ihm viel zu schwülstig. Zu kitschig. Zu opulent. Das wollte er unbedingt ändern.

Gemeinsam mit seinen Freunden Jacob Wüger und Lucas Steiner trat er 1868 in das Kloster Beuron ein und gründete dort eine Künstlerwerkstatt. Fortan als Benediktiner lebend machten sie sich daran, eine neue „Heilige Kunst“ zu erschaffen.

Deren Markenzeichen: die Rückbesinnung auf klare Linienführung und geometrische Prinzipien in der Bildkomposition. Sowie die Vermittlung von Würde und Strenge im Ausdruck. Die Künstler griffen dabei unter anderem auf altägyptische und byzantinische Vorbilder zurück. Ließen sich von früher orthodoxer Ikonographie und von den Präraffaeliten inspirieren.

St. Mauruskapelle Beuron

Ihr erstes Meisterstück: Der Bau, die Ausstattung und die Ausgestaltung der Mauruskapelle auf unserem Hofgut. Die Kapelle gilt als geradezu programmatisch für das religiös motivierte künstlerische Anliegen, das Lenz und seine Mitbrüder verfolgten.

Die Mönche in Beuron, vor allem die künstlerisch begabten, waren sehr angetan von diesem Programm. Sie sahen darin eine einmalige Gelegenheit, Gott durch das Herstellen sakraler Kunst zu verherrlichen. Ohne sich in geistlosem künstlerischem Sentiment zu verfangen.

Das Unternehmen war mit Erfolg gesegnet. Schon bald kamen Aufträge zur Gestaltung aus anderen Benediktiner-Klöstern. Zunächst aus deutschen Landen. Schließlich aus ganz Mittel-, West- und Südeuropa, sogar in Nord- und Südamerika. So malten die Schüler des Desiderius Lenz zum Beispiel im italienischen Benediktiner-Kloster Monte Cassino. Sie arbeiteten in Prag und anderen Hauptstädten.

Die Beuroner Schule hatte einen Nerv der Zeit getroffen. Als neue und eigenständige europäische Kunstrichtung gewann sie zunehmend an Einfluss auch auf weltliche Künstler des Jugendstils und des Symbolismus.